Garfield hat geschrieben: ↑24.08.2017, 11:10
Man sollte auch mal erkennen können, wann man sich in eine fixe Idee verrannt hat.
Da stimme ich dir zu
Aber wer hat sich verrannt?
Eigentlich wollte ich zu dem Thema nichts mehr schreiben. Aber wenn ich so was lese muss ich mich einfach äußern. In den verlinkten Artikeln werden ja einige Aussagen getroffen, für die jeder Beleg fehlt. Hier haben Lobbyisten ganze Arbeit geleistet. Auch wenn es schwer fällt werde ich versuchen das Thema noch einmal sachlich mit Fakten zu beleuchten.
Die ganze Aufregung ist doch nur entstanden, weil in Großstädten Fahrverbote drohen. Ein Grenzwertüberschreitung in der Eifel hätte niemanden interessiert.
Wir reden hier also in erster Linie über den innerstädtischen Verkehr.
Jetzt erst mal ein paar Fakten denen wohl niemand widersprechen dürfte.
a) Bei Verbrennung fossiler oder synthetischer Energieträger entstehen am Ort der Verbrennung schädliche Abgase.
b) Fahrverbote drohen wegen lokaler Überschreitung von Grenzwerten.
c) Grenzwerte für Schadstoffe werden national festgelegt.
d) Die deutsche Autoindustrie lebt überwiegend vom Export.
e) Zur Bewegung eines schweren Gegenstandes brauche ich mehr Energie als zur Bewegung eines leichten Gegenstandes.
f) Im Büro sind wesentlich höhere Grenzwerte zulässig.
Ich will mal mit dem letzen Punkt f anfangen. In Düsseldorf hatten wir ein Büro mit Klimanlage, wo die Fenster nicht geöffnet werden konnten. Es handelte sich um ein technisches Labor. Jeder Mitarbeiter hatte ca. 6 PC's gleichzeitig laufen. Zum großen Teil wurden Anlagen auch nie ausgeschaltet. Mir und einigen anderen Kollegen wurde gegen Nachmittag immer schlecht und wir bekamen starke Kopfschmerzen. Nachdem weder unser Arbeitgeber noch der Vermieter Abhilfe schaffen konnte haben wir das Gesundheitsamt eingeschaltet. Alle Grenzwerte wurden wenn auch nur knapp eingehalten. Die Ärztin vom Gesundheitsamt sagte in einem nicht offiziellen Gespräch aber auch folgendes: "Wenn ich hier arbeiten müsste, würde ich mich umgehend nach einem neuen Job umsehen. Auf Dauer sind diese Umstände gesundheitsschädlich und das obwohl die Grenzwerte knapp eingehalten werden". Nicht nur ich habe diesen Rat befolgt.
Fazit: diese Werte sind definitiv zu hoch und können nicht als Messlatte für unsere Diskussion dienen.
Aber zurück zum eigentlichen Thema.
Aus a und b folgt, dass auch bei Verwendung CO2 neutraler Kraftstoffe immer noch Fahrverbote drohen, da die Emmission ja nach wie vor vor Ort entstehen.
Schon in der Vergangenheit wurden im Ausland deutlich strengere Grenzwerte festgelegt. Warum gab es z. B. keinen PI in den USA??? Waren das auch die bösen Grünen schuld?
Aus c und d folgt, dass unabhängig davon was wir in Deutschland entscheiden, die Autoindustrie sich umstellen muss wenn sich die Anforderungen in den Exportländern ändern. Mit Blick auf den weltweiten Trend zu Megacitys und Berücksichtigung von Punkt a und d sollte eigentlich klar sein, dass der Verbrenner nicht die Lösung sein wird. Aus Punkt e ergibt sich, dass ein SUV für den Stadtverkehr eine klare Fehlentwicklung ist. Egal womit er angetrieben wird braucht er mehr Resourcen. Entweder mehr Öl oder mehr Windräder. Aus meiner Sicht hat ein SUV ob mit oder ohne Verbrennungsmotor in der Stadt nichts zu suchen.
Hier zwei Zitate aus den von Garfield verlinkten Artikeln:
Zitat 1: Dabei ist der ökologische Fingerprint eines E-Fahrzeugs mit Batterie gar nicht so gut. Wenn man alles zusammenrechnet, was nötig ist, um ein solches Auto samt Akku zu bauen, stellt man fest, dass die Öko-Aufwands-Bilanz 60 Prozent höher ist als bei einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor. Der Fahrer muss mit dem Elektroauto rund 80 000 Kilometer zurücklegen, bis er mit dem Verbrenner gleich zieht.
Zitat 2: "
eFuels werden ausschließlich mit erneuerbaren Energien hergestellt"
Zum ersten Punkt sind nur relativ schwer Informationen zu finden, die eine Verifizierung der Aussage zu lassen. Ich habe einen älteren
Artikel aus der Zeit gefunden, der zu deutlich anderen Zahlen kommt. Das beschriebene Problem bleibt aber bestehen.
Aber Zitat 2 stellt doch alles auf den Kopf. Hier geht man davon aus, dass ausreichend Ökostrom zur Verfügung steht. Wenn dies der Fall ist, dann ist auch die Herstellung der Akkus ohne CO2 Ausstoss möglich. Für die Herstellung des Elektromotors ist beim E-Auto eindeutig weniger Energie notwendig wie zur Herstellung eines klassischen Verbrennungsmotors. Unter diesen Voraussetzungen ist die Ökobilanz eines E-Autos besser wie die eines Verbrenners.
Bliebe noch das Problem mit dem Recycling der Akkus. Dies ist aus meiner Sicht noch ein echter Knackpunkt, da die Akkus heute noch zu schnell entsorgt und zermahlen werden. Aber durch die Weiterverwendung der Akkus in
Energiespeichern und dem
Elektrohydraulischen Trennverfahren sollte auch dieses Problem bald gelöst sein.
Irgendwie ist mir nicht klar was gegen ein E-Auto sprechen sollte. Man könnte natürlich einen großen Teil der Städter samt Arbeitsplätzen aufs Land umsiedeln und so die Schadstoffbelastung senken. Aber das will sicherlich auch keiner.
Es gäbe natürlich auch noch andere Alternativen wie Zürich zeigt. Schon vor vielen Jahren waren die Bahnen und die Busse leer, so dass es Stimmen gab den öffentlichen Nahverkehr aus Kostengründen zu Gunsten des Individualverkehrs einzustellen. Die Stadtväter hatten aber den Mut und die Weitsicht zu einer völlig anderen Entscheidung. Es wurden viele zusätzliche Busse und Bahnen angeschafft und so die Taktzeiten halbiert. Zusätzlich wurden die Preise gesenkt. Was die Gegner der Maßnahme immer bestritten haben ist eingetroffen. Die Verkehrsmittel werden viel genutzt und der Autoverkehr ist ohne weitere Massnahmen deutlich zurückgegangen. Jahre später wurden in einer weiteren Stufe Autoparkplätze in Plätze mit Cafe's und Grünanlagen umgewandelt. Die Autofahrer parken jetzt in großen Parkhäusern am Stadtrand. Heute gilt Zurich als grünste Stadt Europas.
Wir können jetzt noch so viele Artikel mit den unterschiedlichsten Meinungen und Theorien verlinken, aber solange Punkt a gilt und die Bevölkerungszahlen in den Ballungsgebieten weiter steigt, führt kein Weg an der Elektromobilität vorbei. Selbst eine Erhöhung der Grenzwerte rettet die Autoindustrie nicht, wenn die Erhöhung nicht auch in den Exportländern stattfindet.
Wacht endlich auf, es ist Zeit für Veränderungen.
Gruß Berthold